II. Constitutio Criminalis Carolina
Das erste allgemeine deutsche Strafgesetzbuch war die Constitutio Criminalis Carolina (Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V.), die 1532 auf dem Regensburger Reichstag verabschiedet wurde. In ihr wurde der sogenannte Ordalprozeß, dessen anerkanntes Beweismittel das Gottesurteil war, von einem Indizien- und Geständnisprozeß abgelöst. Diese Prozeßform wurde von der Carolina bis in die letzte Einzelheit geregelt. Das Geständnis der Angeklagten galt fortan als das verläßlichste Mittel der Wahrheitsfindung. Es war die Aufgabe des Richters, auf legale Weise ein Geständnis zu erzwingen und durch Indizien und Nachforschungen die Wahrheit des gestandenen Verbrechens zu erhärten. Die "Carolina" versuchte, mit dem Richter eine unabhängige Instanz einzusetzen. Er war ein von der Obrigkeit beauftragter Beamter mit festem Gehalt, er mußte einen Amtseid leisten, und es war ihm verboten, eine Belohnung vom Ankläger zu nehmen.
Die Folter, die auch schon bei früheren Prozessen zur Erzwingung eines Geständnisses angewandt wurde, wurde durch die "Carolina" gesetzlich bestätigt. Gleichzeitig wurden Regeln für ihre Anwendung festgelegt. Nur beim Vorliegen ganz bestimmter Verdachtsgründe (Indizien) durfte gefoltert werden. Ein unter der Folter abgelegtes Geständnis war erst dann gültig, wenn es außerhalb der Folter freiwillig wiederholt wurde. (2)