Veränderung der Bildungs- und Erziehungssituation
Das aktuelle Medienangebot und die absehbare Entwicklung der elektronischen Medien bewirken eine erhebliche Veränderung der Bildungs- und Erziehungssituation in Familie, Schule und Jugendarbeit. Medienbotschaften bestimmen künftig stärker als heute mit, welche Themen Menschen für wichtig halten, für welche Bewertungen und Urteile sie sich entscheiden, welchen gesellschaftlichen und politischen Gestaltungsvorstellungen sie zugänglich sind. Öffentliches Leben und politisches Verhalten sind nur verständlich, wenn man den Einfluß von Presse und Fernsehen auf die Meinungsbildung der Menschen berücksichtigt. Dabei spielt der Erlebnisgehalt der Medienereignisse eine ebenso große Rolle wie der Informationswert der Medieninhalte. Unter den Freizeitaktivitäten haben Mediennutzung und Medienerlebnis einen hohen Stellenwert. Eine wachsende Menge an Medienbotschaften zwingt die Bürger, die Information und Unterhaltung vor allem über elektronische Medien suchen, immer mehr zur Selektion. Bei der Entwicklung von Selektionskriterien muß Erziehung behilflich sein. In den Alltag vieler Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener sind Medien heute ganz selbstverständlich integriert; junge Menschen kennen in der Regel wenig Vorbehalte gegenüber neuen Medienangeboten und nehmen sie in ihre Erlebnis-, Gestaltungs- und Informationswelt auf. Bildungs- und Erziehungsinstitutionen müssen diese Entwicklung berücksichtigen.
Für viele Menschen bieten Medien eine Fülle von Anregungen. Sie erweitern die Informationsmöglichkeiten und ermöglichen selbstgesteuerte Lernprozesse, indem Informations-, Bildungs- und Erlebnischancen in die Verfügung des einzelnen gestellt werden. Allerdings gewinnen Medienereignisse für Kinder und Jugendliche oft einen höheren Stellenwert als Ereignisse aus der unmittelbaren Umgebung und der "realen Welt", die sie mit ihren fünf Sinnen erfassen können. Im Kontrast zu einer Umgebung, in der oft Spiel- und Bewegungsräume fehlen, verspricht die "Medienwelt" Abenteuer und Entdeckungen; sie scheint gewohnte und veränderte Familienstrukturen, fehlende gemeinsame Aktivitäten sowie reale Nähe und Zuwendung ersetzen zu können. Die Übergänge zwischen nichtmedialen, d.h. realen Erfahrungen und den medialen werden fließend. Dies kann zu einem Bedeutungsverlust der direkten Realitätserfahrungen und zu einem Übergewicht indirekter und vermittelter Erfahrungen führen. Die Medienwelt liefert in scheinbarer Perfektion, was dem wirklichen Leben erst abgewonnen werden müßte. Die Realität kann so bisweilen reizlos erscheinen, was sowohl zu Passivität als auch zum Wunsch nach extremen Erlebnissen ("kicks") führen kann. Verhaltensformen und soziale Reaktionsformen vieler Kinder und Jugendlicher geraten unter den Einfluß medienbestimmter Muster. Dies kann Verhaltensweisen stärken, die, indem sie sozial verantwortliches Verhalten abwerten, das Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft untergraben. Weltbilder und Zukunftserwartungen von Kindern und Jugendlichen speisen sich vielfach aus den Leitbildern individuellen Wohlergehens und gesellschaftlichen Verhaltens, wie sie in den elektronischen Medien abgebildet werden, die mit attraktiver Unterhaltung um Einschaltquoten werben.
Zum Thema Kindererziehung in der heutigen Zeit findet man sehr gute Informationen auf der Seite: