Altersgemäße Schwerpunktsetzungen

Die bisher beschriebenen Aufgaben und didaktischen Grundsätze werden im folgenden unter dem Aspekt altersspezifischer Erfahrungen akzentuiert.

a) Vorschulischer Bereich:

Die erzieherische Arbeit in der Kindertagesstätte wird durch die Medienerlebnisse der Kinder stark beeinflußt. Diese müssen von den Erzieherinnen und Erziehern aufgegriffen werden. Die Kinder sollen angeregt werden, das Gesehene und Gehörte für sich spielerisch neu zu gestalten und damit Blickfeld und Phantasie über den Rahmen des Bildschirmes hinaus zu erweitern; eine Erschließung der Wirklichkeit über alle fünf Sinne soll so gefördert werden. Dieses Prinzip unterstützt die kindliche Entwicklung im Vorschulalter und schafft die Grundlage für eine fortschreitend differenzierte Wahrnehmung und Deutung der Umwelt. Der Kontakt zwischen den Erzieherinnen/ Erziehern und den Eltern bzw. den Bezugspersonen der Kinder soll dazu genutzt werden, das Medienverhalten von Erwachsenen und Kindern zu thematisieren und aufeinander abzustimmen. Auf spielerische Weise kann die Rolle des Fernsehers als "Familienmitglied" (Jan-Uwe Rogge) angesprochen und hinterfragt werden. Kinder können lernen, Fernsehzeiten über einsichtige Kriterien einzuteilen. Daraus kann sich ein überlegtes Medienverhalten, die Basis für einen "souveränen Medienumgang" (Schavan) entwickeln. Der früh eingeübte Umgang mit Medien schafft günstige Bedingungen für eine bessere Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus.

b) Primarbereich

Vor dem Hintergrund der schon vielfältigen, aber meist unreflektierten Nutzung von Medienangeboten sollte es im Grundschulalter zwischen den Kindern zunächst um den Austausch von Medienerfahrungen gehen. Dies kann Grundlage für ein bewußtes Auswahlverhalten sein. Dabei sollen Kinder angeregt werden, auf Medienangebote zuzugehen, die speziell für sie konzipiert sind.

Bei der Aufarbeitung von Medienerlebnissen und - wirkungen müssen Kinder im Grundschulalter Gelegenheit finden, ihre Gefühle und Vorstellungen in Worte zu fassen und durch spielerische Formen der Auseinandersetzung Abstand von Medienerlebnissen zu gewinnen. Dabei sollte es vor allem darum gehen, zwischen Fiktion und Wirklichkeit unterscheiden zu lernen. Auf der Ebene der praktisch-gestalterischen Arbeit mit Medien kann Medienerziehung zunächst auf das Nachspielen vorgegebener Handlungsmuster gerichtet sein. Auf der Basis eines spielerischen Umgangs mit Medienerfahrungen kann sich bei Kindern ein Bewußtsein für die Machart und Ausdrucksmöglichkeiten unterschiedlicher Medien bilden.

c) Sekundarbereich:

Im Sekundarbereich läßt sich die Fähigkeit zu einer bewußten Auswahl von Medienangeboten und ihre reflektierte Nutzung durch das Abwägen von Handlungsalternativen weiter entwickeln. Mit zunehmendem Alter wächst die Fähigkeit, mehrere Möglichkeiten der Information, der Unterhaltung und des Lernens nach unterschiedlichen Kriterien zu vergleichen und zu bewerten.

Bei der Analyse und Bewertung von Medienwirkungen und - einflüssen lassen sich verschiedene Dimensionen verbinden.

Zunächst wird das Projekt (vom Comic bis zum Werbespot, Vom Videoclip bis zum Computerprogramm) mit seiner komplexen Machart im Mittelpunkt stehen, um die mediale Darstellung von Wirklichkeit als eine bild-, modell-, symbol- und ausschnitthaften Welt zu erkennen. Dieses Vorgehen kann am Interesse der Jugendlichen für technische und ästhetische Ausdrucksmöglichkeiten von Medien ansetzen.

Mit der wachsenden Fähigkeit zur Selbstreflexion bietet sich dem Schüler die Möglichkeit, die eigene Rezipientenrolle distanzierter einzuschätzen sowie gefühls-, einstellungs- und handlungsbezogene Einflüsse der Medien zu erkennen. Mit der Erweiterung der Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, wächst die Chance, Absichten, Ziele und Strategien der medienproduzierenden und -verbreitenden Institutionen in den Blick zu nehmen.

So können in den Klassen 5 - 10 Einsichten in institutionelle Bedingungen von Medienproduktion und -verbreitung erarbeitet und Möglichkeiten der Stellungnahme und Mitgestaltung erprobt werden. (Leserbriefe, eigene Dokumentationen) Komplexe Formen der Analyse, in denen soziale, ökonomische und politische Faktoren im Zusammenhang gesehen und aufeinander bezogen werden, sollten ab den Jahrgangsstufen 9/10, schwerpunktmäßig aber in der gymnasialen Oberstufe und in den beruflichen Schulen angestrebt werden.

Der praktisch-gestalterischen Medienarbeit sollte im Sekundarbereich ein besonderes Gewicht zukommen, u.a. weil sie besondere Möglichkeiten handlungsorientierten Lernens bietet. Sie läßt sich in Form eigener Produkte wie Print-, Ton- oder Videodokumentation, Zeitung, Ton- oder Videomagazin, Hörspiel oder Film sowie Computeranwendung gestalten. Dabei können sich die eigenen Produktionen von realistisch-dokumentarischen zu stärker sozialkritischen Formen, von abbildenden zu stärker distanzierenden, verfremdenden und symbolisch und künstlerisch verdichteten Ausdrucksweisen entwickeln.