Gymnasium

Rechtsgeschichte und Rechtsbewußtsein sind Themen der 11. Klasse des Gymnasiums. Im Bildungsplan für das Gymnasium vom 4. Februar 1994 ist für das Fach Gemeinschaftskunde in der "Lehrplaneinheit 3" vorgegeben, "das Recht und die Rechtsordnung in der Bundesrepublik Deutschland" (S. 539/40) zu behandeln. (1) Von den historischen Staatstheorien (Hobbes, Locke, Marx ...) über die Aufgaben des Grundgesetzes bis hin zur Problematik der Wiedervereinigung soll den Schülern die Aufgabe staatlicher Gewalt im Rahmen einer Verfassung und das Verständnis des hohen Wertes der Rechtsstaatlichkeit in einer Demokratie vermittelt werden. Dabei handelt es sich nicht nur um eine distanzierte Wissensvermittlung, sondern zugleich um die Vermittlung elementarer Werte für unsere Gesellschaft. Dies verlangt Anschaulichkeit. Wo immer es möglich ist, sollten Schüler sich von daher anschaulich mit der Geschichte des Rechts auseinandersetzen. Für den Lehrer bietet sich hier die Behandlung aktueller Rechtsfragen an, die von der Tagespolitik her umstritten sind (Wiedervereinigung und die Folgen für die Bürger in Ost- und Westdeutschland); es bietet sich der Besuch einer Gerichtsverhandlung und das anschließende Gespräch mit dem betreffenden Richter an; es bietet sich aber auch an, in einem fächerübergreifenden (2) Projekt Geschichte und Gegenwart eines nahegelegenen Gefängnisses aufzuarbeiten. In einem Gefängnis spiegelt sich die Rechtsauffassung einer Gesellschaft krasser als in allen anderen Institutionen, weil hier Sanktionen auf drastische Weise durchgesetzt werden müssen. Die vorbürgerliche Strafauffassung (vgl. noch die Behandlung der Räuberbanden in der napoleonischen Zeitum das Jahr 1800) mit den exemplarischen und harten Bestrafungen einzelner "Übertäter" im Namen des durch den Fürsten repräsentierten Staates wurde Mitte des 19.Jahrhunderts in vielen europäischen Ländern zurückgedrängt.Sie wurde ersetzt durch bürgerliche Rechtsauffassungen, die (von der Theorie her) verlangen, daß Gesetze alle Menschen rechtlich gleich behandeln und Normabweichungen nicht nur bestraft, sondern auch überpädagogische Maßnahmen korrigiert werden sollen.. Das drückt sich in vielfältiger Weise in den Strafvollzugsanstalten aus. Aus der strikten indivuellen Behandlung ist bis heute wieder ein eher sozialer Vollzug der Strafe entstanden, der die Wiedereingliederung der Straftäter verbessern soll, aber auch neue Probleme (Subkultur der Gefangenen) aufwirft. In diesem Zusammenhang lassen sich für Schüler, die über die Tagespresse immer wieder auffällige Straffälle verfolgen können, hautnah Fragen der Rechtsgeschichte und der Rechtsnormen nachvollziehen, wie dies über reines Buchwissen niemals möglich ist. Wie sieht ein Richter diese Probleme? Wie sieht sie der Leiter / die Leiterin einer Strafvollzugsanstalt, wie ein Gefängnispfarrer? Auch in der Schule selbst kann der Blickwinkel der Fragestellung variiert werden:

In der Evangelischen Religionslehre werden in der Lehrplaneinheit 11.2 und 11.3. (S.518/19) Fragen nach "einer menschenfreundlichen Moral" und "dem Sinn des Lebens" gestellt, die Lehrern und Schülern viel Freiraum lassen, um über "Schuld", "Gewissen","Normenwandlung" und " Normenabweichung" zu reden, aber auch Beispiele aus der Literatur vorgeben, die im Fach Deutsch anzusiedeln sind. Die Lehrplaneinheit 11.12 (S.521/22) gibt das Thema "Menschenrechte - Perspektiven einer menschlichen Welt" vor.

In der Katholischen Religionslehre werden in der Lehrplaneinheit 3 "Auf der Suche nach Glück und Sinn" (S. 526/27) Fragen angesprochen, die unserem Projektthema nahestehen: "Ethische Grundbegriffe; Wert, Norm, Gesetz, Wandel von Wertvorstellungen, Werteverlust und Verantwortung" lassen sich hier besprechen.

Das Fach Deutsch bietet verschiedene Verknüpfungen: Arbeitsbereich 1 (S.529-31) gibt "Referat, Vortrag, Aussprache, Erörtern" vor, "Arbeitsbereich 2" (S. 531/32) gibt mit dem Thema "Literatur, andere Texte und Medien" ein weites Arbeitsfeld, das der Lehrer auch fächerverbindend gestalten kann:

Englisch und Französisch wären hier als Anschlußfächer zu nennen. Der Münchner Verlag "Park-Körner" bietet für das Fach Englisch Unterrichtstexte und Vorschläge zur Bearbeitung zum Thema "Kriminalität und Drogen" als Diskette (D 4713) an, was die Arbeit für den Lehrer sehr erleichtert. Im Nu sind Arbeitsblätter erstellt, zu denen der Lehrer auch noch Lösungsvorschläge geboten bekommt. Der Klett-Verlag hat 1994 das sehr interessante Heft "YOUNG PEOPLE AND THE LAW" herausgegeben: ISBN 3-12-580310-3.

Für den fächerverbindenden Unterricht bietet sich als Lehrplanvorschlag das Thema 3 "Begründungen ethischen Handelns" (S. 512) an, bei dessen Erläuterung wiederum Anknüpfungen an Einzelfächer gegeben werden.Thema 5 "Die Menschenrechte - Idee und Verwirklichung" (S.516) kann hier ebenfalls angesprochen werden. Auch hier werden Lehrplanbezüge zu Einzelfächern vorgegeben, die besonders für das Fach Geschichte interessant sind, wo sich der (lange) Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit am Beispiel der Strafauffassungen- und des damit verbundenen Menschenbildes - dokumentieren läßt...